Fritz Stolle
Kurzbiographie
Stolle, Friedrich (Fritz)
Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Komponist, Musikpädagoge
* 9. Februar 1908 in Schönpriesen, Aussig/Elbe
† 5. Juli 1988 in Homberg/Efze
Der
Komponist und Musikpädagoge Fritz Stolle ist trotz der unbestreitbaren
Meisterschaft seiner Werke und einer Reihe von Ehrungen (unter anderem
durch die Künstlergilde Eßlingen) weitgehend unbekannt geblieben. Das
liegt wohl zum einen an seiner Persönlichkeit, die zunehmend einen
intimeren Wirkungskreis bevorzugte, zum anderen an seinen
Kompositionen, die sich keinem Zeitstil zuordnen lassen: Fritz Stolle
war ein „Unzeitgemäßer“.
Fritz Stolle wurde als Sohn des
Straßenbaumeisters Josef Stolle und seiner Ehefrau Ottilie, geb.
Strache, in Nordböhmen geboren. 1927 legte er an der Oberrealschule in
Aussig das Abitur ab. Nach einer Lehre im väterlichen
Straßenbauunternehmen begann er ein Musikstudium an der Deutschen
Musikakademie in Prag als externer Schüler bei Professor Leo Franz, der
selbst Schüler von Alexander v. Zemlinski und Kenner der Schönbergschen
Zwölftonmusik war, in den Fächern Klavier, Kontrapunkt, Harmonielehre,
Komposition und Musikgeschichte. Seit 1934 unterrichtete er Musik in
Aussig, seit 1936 Musik und Religion in Leitmeritz. 1936 heiratete er
Hilde Hein; aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. 1940 wurde Stolle
als Leiter an die Musikschule nach Iglau (Mähren) berufen,
unterrichtete an der Lehrerbildungsanstalt und wurde Leiter des
Opernchores und des städtischen Chores. Nach Flucht und Vertreibung
ließ er sich mit der Familie zunächst in Hebertshausen bei Dachau
nieder; über die Stationen Rotenburg a. d. Fulda und Ludwigstein kam er
als Lehrer nach Willingen (Waldeck). Nach der Pensionierung wohnte er
in Homberg/Efze.
Ein
Grundgedanke seines musikpädagogischen Wirkens war die Verbindung von
Musik und Bewegung; dies bestimmte den Charakter der kleinen, aus der
Volksmusik schöpfenden Kompositionen. Fühlte sich Stolle schon aus der
Tradition der Jugendbewegung dem Erbe der Volksmusik (die bei ihm
nichts mit „Volkstümlichkeit“ zu tun hatte) stets verpflichtet, so sah
er als Künstler eine seiner Aufgaben gerade in der Verbindung dieser
musikalischen Urquelle mit der Kunstmusik: aus dem „Volkslied“ sollte
durch den Satz ein „Kunstlied“ im besten Sinne entstehen. Tief
verwurzelt in der Musiktradition, entwickelte Stolle eine eigene
Tonsprache, die in der Aneignung und Weiterentwicklung archaischer
Strukturen ihren Ausgang nimmt; lineare und modale Elemente gehen
hierbei eine eigenartige Synthese ein. In Stolles späterem Schaffen
erfährt die Behandlung der Dissonanz eine neue Qualität; sie erklärt
sich nicht mehr aus der harmonischen Organisation des Stückes, sondern
zunächst und vor allem aus der Linienführung der Stimmen. Daß diese
Erscheinungen auch in den Volksliedbearbeitungen zu beobachten sind,
ist ein deutlicher Hinweis auf den allein vom künstlerischen Anspruch
ausgehenden Zugriff auf das Melodienmaterial der Volksmusik.
Lit.:
Lebendige Musik. Fritz Stolle zum 80. Geburtstag. Zugänge zu seinem
kompositorischen Werk, hrsg. von Udo Wennemuth. Rotenberg 1988 (mit
Werkverzeichnis und Faksimilewiedergabe einiger wichtiger
Kompositionen).
Hörbeispiel: "Löwenzahn"
(Peter Huchel), Gedichtvertonung
Quellen: Udo Wennemuth,
kulturstiftung.org/biographien, Wilfried Stolle, Ich fahre zum Iglauer
Singkreis, Nürtingen 2006
Links:
https://iglauer-singkreis.org/ueber_uns/fritz_stolle.html
https://kulturstiftung.org/biographien/stolle-friedrich-fritz-2