Iglauer Singkreis
Der Iglauer Singkreis wurde 1941 in
Iglau unter dem Komponisten und
Musikerzieher Fritz Stolle mit Mitgliedern seiner Musikschule und Schülern
der Lehrerbildungsanstalt gegründet.
Die Freude am Singen, Tanzen und
Musizieren führte zu einer Pflege heimatlicher Volkskunst
und darüber hinaus zur Erarbeitung von Chorwerken
und Spielstücken alter und zeitgenössischer Meister.
Nach dem Krieg und der Vertreibung
aus der Heimat trafen sich die Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland
wieder, um ihre Arbeit fortzusetzen. An
der Zielsetzung hatte sich nichts geändert, dem Volkslied aus den ehemals
deutschen Sprachgebieten Ostmitteleuropas widmete man jetzt aber
besondere Aufmerksamkeit. Da die Mitglieder räumlich weit verstreut wohnten,
bot sich als Arbeitsform die Singwoche
an, die nun zweimal im Jahr stattfindet.
Die Teilung in eine nördliche und südliche Arbeitsgruppe, gebildet aus
Nachwuchskräften, erlaubte zusätzliche Übungsmöglichkeiten durch mehrere
Wochenendtreffen pro Jahr.
Seit
1965 bieten auch die musischen Freizeiten des Iglauer Kindersingkreises
für Acht- bis Fünfzehnjährige eine spielerische Begegnung mit Lied,
Tanz und Spielmusik. Musikalisch besonders Interessierte finden dann
Aufnahme im Chor, so dass der Iglauer Singkreis zwar immer neu aufbauen
muss, aber auch immer wieder jungen Menschen das Erlebnis vermitteln
kann, in einem kleinen Bereich der Musik miteinander etwas zum Klingen
zu bringen.
Heute stammt natürlich nur noch ein Teil
der Mitglieder von vertriebenen Iglauern ab. Im Laufe der Jahre fanden auch
Freunde anderer Herkunft Interesse an
unserem Tun. Dennoch hat der Iglauer
Singkreis seinen Namen beibehalten,
weil er sich an den Ursprung seines
Chores erinnern will und weil er sich
der kulturellen Werte der ehemaligen
Iglauer Sprachinsel sowie anderer Vertreibungsgebiete bewusst sein will.
Nach 1989 entwickelten sich rege Kontakte zu tschechischen und
deutschen Kulturguppen in Iglau. Mitglieder unseres Singkreises waren
maßgeblich am Aufbau des "Gustav Mahler Haus Vereins"" beteiligt. Er
fördert deutsch-tschechische Begegnungen auf kultureller und
wissenschaftlicher Ebene. Ihm gehören als Mitglieder die Stadt Iglau,
deren deutsche Partnerstadt Heidenheim, Patenstadt der "Gemeinschaft
Iglauer Sprachinsel", sowie tschechische und deutsche Vereine an, auch
der Iglauer Singkreis.
Ausgangspunkt unserer Arbeit ist die
Volksmusik, in der sich Grundformen
aufzeigen lassen, die in vielfältiger
Weise erweitert und abgewandelt auch
in der Kunstmusik erscheinen. Daraus
ergibt sich für uns konsequent auch die
Beschäftigung mit alter und neuer
Chormusik. Die Sing-, Tanz- und
Instrumentalproben vermitteln die
Zusammenhänge zwischen Atmung und
Stimme, die Wechselbeziehung zwischen körperlichem Schwingen und
innerer Ruhe, die Einheit von Musik
und Bewegung. Im gemeinsamen
Gestalten spürt jeder, auf den anderen
angewiesen zu sein, damit ein Werk,
auch wenn es ein kleines ist, gelingen
kann. Durch dieses gemeinschaftliche
Erleben von Musik gewinnt die Probe
einen Wert an sich. Von ihr gehen
wesentliche Impulse auf die einzelnen
Mitglieder aus, über den Singkreis hinaus
musikalisch gestaltend tätig zu werden:
in der Hausmusik, in der Musikerziehung,
in der Volks- und Heimatkunde sowie in der Jugendarbeit.
Veranstaltungen, Rundfunksendungen,
Schallplattenproduktionen und die
Herausgabe von Chorliederbüchern sollen unsere Volkslieder in einfachen bis
anspruchsvollen Tonsätzen einer breiten
Öffentlichkeit näherbringen und
vielen Menschen Freude bereiten.
Wilfried Stolle